Während im Hessenpark über die letzten Jahrzehnte eine kleine Stadt mit eigener Infrastruktur - Läden, Restaurants, Hotel - errichtet wurde, verfolgt man im Fränkischen Freilandmuseum Fladungen einen anderen Ansatz: die Anlage schließt direkt an den ummauerten Ort an. Die Grenzen zwischen Stadt und Museum sind so fast schon fließend.
Aber nicht nur räumlich versteht sich das Museum als Gegenbild zu einer Insellösung: Durch das das "Rhön-Zügle" von Mellrichstadt nach Fladungen und das 2006-2007 durchgeführte Projekt „Kulturlandschaftsstationen Fränkisches Freilandmuseum Fladungen“ wird die Vernetzung mit der Umgebung für interessierte Besucher direkt erfahrbar.
Im Rahmen des durch den Freistaat Bayern und die Europäische Union geförderten Leader+ Projekts wurden nach einer umfangreichen Kartierung fünf Themenwege definiert, beschildert und mit Flyern und Audioguide erläutert:
1. Altstadt Fladungen
2. Alte Dörfer vor der Rhön
3. Leubacher Hänge
4. Henneberger Bergland
5. Lange Rhön
Eine Übersichtskarte kann unter http://www.freilandmuseum-fladungen.de/popup/Kulturstationen_uebersicht_karte.pdf abgerufen werden.
Näheres zu Konzept und Verantwortlichen im Flyer unter http://www.freilandmuseum-fladungen.de/popup/Basisflyer.pdf
Fränkisches Freilandmuseum Fladungen
Bahnhofstraße 19
97650 Fladungen
Tel (09778) 9123-0
Fax (09778) 9123-45
E-Mail: info@freilandmuseum-fladungen.de
www.freilandmuseum-fladungen.de
Sonntag, 17. August 2008
Freilandmuseum vernetzt sich mit Kulturlandschaft
Sonntag, 27. April 2008
Hessenpark 2008 -- under construction
Eigentlich hat das ja nur ganz an Rande etwas mit dem Thema zu tun, da in Freilichtmuseen wiederaufgebaute Gebäude nicht als Denkmäler, sondern als begehbares Museumsgut zu gelten haben.
Trotzdem ist der Hessenpark in Neu-Anspach ein schöner Ort, um auf kleinstem Raum die ganze Bandbreite des hessischen Fachwerkbaus zu erleben -- und sich ganz nebenbei mit kulinarischen Spezialitäten der Region zu versorgen.
In dieser Saison wird kräftig gebaut: Auch im Hessenpark musste man -- 30 Jahre nach der Eröffnung -- die Unzulänglichkeiten moderner Materialien im Gefüge historischer Bauten erkennen. Außerdem stellen die zahlreichen Besucher eine große Belastung für Bauteile und Oberflächen dar. Jetzt müssen die ersten Baugruppen instand gesetzt werden. Das kann man mit einem lachenden und einem weinenden Auge sehen: einerseits sind einige der Gebäude damit zur Zeit nicht betretbar, andererseits bietet sich die einmalige Gelegenheit, Reparaturen mit traditionellen Materialien und Techniken zu studieren.
An zwei Tagen in der Woche gewähren die ausführenden Firmen den Besuchern Einblick in die Baustellen. Wer also eine zimmermannsmäßige Holzverbindung oder den Aufbau eines Gefacheputzes sehen möchte, findet hier reiches Anschauungmaterial.
Übrigens: auch beim Hessenpark kann man Fördermitglied werden und so den Sanierungsprozess unterstützen.
Freilichtmuseum Hessenpark
Laubweg 5
61267 Neu-Anspach / Taunus
Telefon: 06081 - 588 0
Telefax: 06081 - 588 127
Donnerstag, 27. März 2008
14. September 2008: Tag des offenen Denkmals
Deutscher Beitrag zu den "European Heritage Days", die 1991 vom Europarat initiiert wurden. Bundesweites Koordinationsbüro ist die Deutsche Stiftung Denkmalschutz. Der Tag des offenen Denkmals soll für die Bedeutung des kulturellen Erbes sensibilisieren und Interesse für die Belange der Denkmalpflege wecken.
Nähere Informationen finden Sie bei den Landesdenkmalämtern sowie auf der Website http://www.tag-des-offenen-denkmals.de/
Neuerscheinung: Management in der Denkmalpflege
Wolf Schmitt: Management in der Denkmalpflege
Montag, 24. März 2008
Messe: denkmal 2008 in Leipzig
Vom 20. - 22. November ist es wieder soweit: Die Fachmesse 'denkmal' öffnet in Leipzig zum achten Mal seit 1994 ihre Tore.
Die internationale Messe richtet sich an Bauschaffende, Industrieunternehmen, Handwerker, Restauratoren, Architekten, Ingenieure, Planer, Denkmalpfleger, Investoren, Projektentwickler, Kommunalpolitiker und Eigentümer historischer Gebäude.
Parallel zur Messe findet ein Fachprogramm mit Fachtagungen, Workshops und Diskussionsrunden statt. Partnerland ist diesmal Ungarn. Näheres zum Programm unter www.denkmal-leipzig.de
Dienstag, 12. Februar 2008
Industriedenkmal-Stiftung in NRW
Zitat von der Stiftungs-Website: "Die Aufgaben der Stiftung Industriedenkmalpflege und Geschichtskultur bestehen darin, hochrangige denkmalgeschütze Industrieanlagen zu sichern und zu bewahren, öffentlich zugänglich zu machen, einer neuen, denkmalgerechten Nutzung zuzuführen und wissenschaftlich zu erforschen.
Derzeit betreut die Industriedenkmalstiftung 13 Standorte in Nordrhein-Westfalen mit bedeutenden Monumenten der Montanindustrie. Neben Malakowtürmen, Fördergerüsten, Maschinen- und Schachthallen gehören zwei große Kokereien mit jeweils umfangreichen Arealen dazu: die Kokerei Hansa in Dortmund aus den 1928-30er Jahren und die Kokerei Zollverein in Essen, die 1958-61 erbaut wurde und heute, zusammen mit der Zeche Zollverein Schacht XII und Schacht 1/2/8, zum Weltkulturerbe der UNESCO zählt."
>>> Reise-Plan für den Sommer: Besichtigung von Industriedenkmälern!
Zum Beispiel auf der Route für Industriekultur...
Oder (für Tine) das Textilmuseum in Bocholt
Sonntag, 27. Januar 2008
Fortbildungsreihe "Architekten in der Denkmalpflege"
Anfang März startet die 14. Fortbildungsreihe "Architekten in der Denkmalpflege" bei der Propstei Johannesberg in Fulda.
Für das Seminar werden Fortbildungspunkte entsprechend der Kammerregelung vergeben.
Mo., 10.03. – Fr., 14.03.2008
Grundlagen der Denkmalpflege; Historische Konstruktionen: Geschichte, Entwicklung, Terminologie
- Einführung in die Systematik des Kursaufbaus
- Aufgabenfelder, Ziele und Gegenstand der Baudenkmalpflege und Gartendenkmalpflege
- Historische Baukonstruktionen: Massivbau, Holzbau/Fachwerk, Eisen- und Stahlkonstruktionen
- Grundsätze zum Umgang mit dem Baudenkmal
- Die Rolle des Architekten in der Denkmalpflege
- Rechtsgrundlagen von Denkmalpflege u. Denkmalschutz, Aufgabenverteilung und Organisation in der Denkmalpflege
- Stilgeschichte
- Historische Mischkonstruktionen: Mauerwerk-Eisen, Holz-Eisen, Betonkonstruktionen
- Technische Kulturdenkmäler und Probleme ihrer Erhaltung
- Tragverhalten historischer Konstruktionen
Seminargebühr pro Wochenblock: 470,- €
Mitglieder der Architekten- und Stadtplanerkammer Hessen erhalten 10 % Ermäßigung. In der Seminargebühr inbegriffen sind Seminarunterlagen, Mittagessen und Getränke.
Freitag, 4. Januar 2008
Tagesseminare der DenkmalAkademie
Im Rahmen der Weiterbildung für Architekten, Planer und verwandte Berufe bietet die DenkmalAkademie in Kooperation mit der TU Dresden auch eintägige Seminare mit Vorträgen, Werkberichten und Objektbesichtigungen an, bei denen Spezialthemen ausführlicher behandelt werden: Tagesseminare Jahrgang 3 - 2007/08 im Überblick
Donnerstag, 12. Juli 2007
National Trust. For ever, for everyone
"The National Trust is a charity and is completely independent of Government. We rely for income on membership fees, donations and legacies, and revenue raised from our commercial operations. We now have 3.5 million members and 43,000 volunteers. More than 12 million people visit our pay for entry properties, while an estimated 50 million visit our open air properties.We protect and open to the public over 300 historic houses and gardens and 49 industrial monuments and mills."
Quelle: http://www.nationaltrust.org.uk/main/w-trust/w-thecharity.htm
Für meine Frau und mich war ein England-Urlaub Anlass, Mitglied im National Trust zu werden. Wir können dies jedem empfehlen, der eine ähnliche Tour plant.
Der National Trust ist eine Organisation, die es schafft, Menschen generationenübergreifend für historische Gebäude und erhaltenswerte Landschaften zu begeistern. Er vermittelt Bürgern (und Touristen) das Gefühl, das kulturelle Erbe Großbritanniens gehöre auch zu ihrer eigenen Familie, ein Stück weit zu jedem Einzelnen.
Jahr für Jahr spenden Freiwillige nicht nur Geld, sondern auch wertvolle Zeit und Energie, um Kulturdenkmäler zu erhalten, sie für Publikum zu öffnen und Veranstaltungen dort abzuhalten. Eine professionelle Öffentlichkeitsarbeit sorgt dafür, dass die erstklassige denkmalpflegerische Arbeit für Fachleute wie Laien spürbar wird.
Für Besucher (und freiwillige Helfer) stehen Spaß und sinnliche Erfahrung im Vordergrund. Wissen gibt es an jeder Ecke natürlich auch zu entdecken. Und genau so sollte es sein, denn ohne Begeisterung lernt niemand gern! Und nur wer seinen Blick für Qualität und Nachhaltigkeit geschärft hat, kann im Alltag einen eigenen Beitrag zum Erhalt der gebauten Umwelt leisten.
Mittwoch, 21. März 2007
Forum der Propstei Johannesberg
Unter http://forum.propstei.dyndns.org/ ist nun eine Online-Diskussionsplattform der Propstei Johannesberg in Fulda verfügbar.
Im Forum können sich Teilnehmer, Ehemalige und Dozenten über Fachthemen austauschen und Kontakte im Netzwerk Denkmalpflege und Altbauerneuerung knüpfen. Themen:
- Bauphysik/Bauchemie/Statik
- Architektur und Städtebau
- Recht
- Denkmalpflege
- Kalkulation/Ausschreibung
- Schäden
- Ausführungen und Verfahren
- Baustoffe/Materialien
- Werkzeuge/Maschinen/Geräte
- Literatur/Software
- Fortbildung
Dienstag, 28. November 2006
Monumentenwacht: Vorbeugen ist besser als heilen
Die 1973 begründete Monumentenwacht inspiziert und wartet mit fast 100 ehrenamtlichen Fachleuten rund 12 000 Denkmäler. Während die Inspektoren kleine Reparaturen sofort ausführen, werden größere Schäden und mögliche Ursachen in Statusberichten dokumentiert und dienen als Empfehlung an Architekten oder Handwerker.
Denkmalpflege und Altbauerhaltung (Gebäudeinspektion) in NRW)
Montag, 24. Juli 2006
Lust auf Urlaub im Denkmal!
Ein Kollege und Freund hatte folgenden Tipp für uns:
Wohnen im Weltkulturerbe, nämlich in kleinen, historischen Ferienhäusern im Gartenreich Dessau-Wörlitz. Bisher haben wir es noch nicht dorthin geschafft, aber die Website sieht sehr vielversprechend aus... Danke Bernd!
Mittwoch, 2. März 2005
Schutz und Schirm für ein Schloss
Überdachung der Ruine Jagdschloss Platte, Wiesbaden
Auch 60 Jahre nach Ende des 2. Weltkrieges findet man noch Kriegsruinen. Eine von ihnen ist das Jagdschloss Platte hoch über Wiesbaden. Seine einmalige Fernsicht über das Rheintal und den Taunus machen das Schloss zu einem beliebten Ausflugsziel und Ausgangspunkt zahlreicher Wanderwege, Mountainbike- oder Skilanglauftouren. Ein romantisches Märchenschloss ist es jedoch leider nicht: Wind und Wetter haben unausgesetzt an der ungeschützten Bausubstanz gezehrt. Dem Engagement eines Vereins ist es nun zu danken, dass die Ruine ein Glasdach erhalten hat, das sie vor den Witterungseinflüssen schützt und eine intensive Nutzung ermöglichen soll.
Architektur
1823 hatte Wilhelm Herzog zu Nassau seinen Hofbaumeister Friedrich Ludwig Schrumpf mit dem Bau eines Schlosses als Ziel herrschaftlicher Jagdgesellschaften im wildreichen Taunus beauftragt. Schrumpf entwarf ein Gebäude in der Tradition der palladianischen Villen des 16. Jahrhunderts: ein klarer, kubischer Baukörper, dessen Aufriss nach allen Seiten nahezu gleich durchgebildet ist. Eine Gliederung erhalten die zurückhaltend gestalteten Fassaden durch dreiachsige, früher flach übergiebelte Mittelrisalite. Lediglich die nach Süden blickende, talseitige Fassade wird durch die Ausbildung vollplastischer ionischer Säulen am Risalit als Schauseite hervorgehoben.
Das Innere des Gebäudeinneren wurde geprägt von der über alle Stockwerke reichenden Treppenhaus-Rotunde. Eine großzügige zweiläufige Wendeltreppe erschloss das Obergeschoss und die umliegenden Räume. Die Rotunde wurde überwölbt von einer dem Pantheon in Rom nachempfunden kassettierten Kuppel; eine verglaste Öffnung im Scheitel ließ Tageslicht ins Gebäudeinnere. Auf dem als Pyramidenstumpf ausgebildeten Dach befand sich eine Aussichts-plattform.
Geschichte
Als 1866 das Herzogtum Nassau im Königreich Preußen aufging, verblieb das Jagdschloss im Besitz der Nassauer, die 1890 durch Erbfolge Großherzöge von Luxemburg wurden. 1913 erwarb die Stadt Wiesbaden das Gebäude, worauf es unterschiedlichen Nutzungen zugeführt wurde. Aufgrund seiner reizvollen Lage blieb es ein Anziehungspunkt für das gesellschaftliche Leben. Eine gegen Ende des 2. Weltkrieges im Schloss eingerichtete Flugabwehrleitstelle wurde dem Bau schließlich zum Verhängnis: noch in den letzten Kriegstagen wurde er durch Bomben schwer getroffen und brannte aus.
Im September 1989 konnte die Ruine gesichert und für die Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden: Nach Beseitigung von Schutt und Bewuchs wurden neue Decken über Keller- und Erdgeschoss betoniert, die Außenwände gefestigt und teilweise neu aufgemauert.
Historische Bauteile wie Säulen oder Reste der Sandsteintreppen wurden, soweit möglich, an ihren ursprünglichen Standorten gesichert oder wieder aufgerichtet.
Treppen, sanitäre Anlagen und Absturzsicherungen schafften die Voraussetzungen für die Nutzung der Ruine. Über mehr als zehn Jahre war der Bau in dieser Form Veranstaltungsort für Konzerte, Hochzeiten oder Ausstellungen mit außergewöhnlichem Ambiente.
Überlegungen zu Wiederaufbau und Denkmalschutz
Der weiterhin ungeschützte Zustand der Ruine erforderte regelmäßige Instandsetzungsmaßnahmen unter erheblichem Mitteleinsatz. Der Errichtung eines Daches zum Schutz vor Witterungseinflüssen kam daher Priorität zu. Mittelfristig sollte die Ruine durch Fenster-verschlüsse und haustechnische Einbauten ganzjähriger, wirtschaftlicher Nutzung zugeführt werden.
Aus denkmalpflegerischer Sicht kam der zunächst angestrebte originalgetreue Wiederaufbau nicht in Frage. Daraufhin angestellte Überlegungen, ein modernes Glasdach in der historischen Form zu verwirklichen, wurden alsbald als ausdrucksschwacher Kompromiss verworfen.
Statt dessen entwickelte der Architekt H. P. Gresser, eine Idee Prof. Gottfried Kiesows aufgreifend, ein Glasdach in eigenständiger, zeitgemäßer Architektursprache:
Vier weit über die Ruine auskragende, umgedrehte Pyramiden „beschirmen“ die verbliebene historische Bausubstanz. Ein umlaufendes Lichtband zwischen Mauerkronen und Dach erzeugt eine klare optische Trennung zwischen Alt und Neu. Der Ruinencharakter des Schlosses bleibt dabei weitgehend erhalten.
Die quadratische Geometrie der Kelche greift die kubische Architektursprache auf. Wie zufällig bilden die Verschneidungen der Pyramidenkanten mit dem Lichtband die verlorenen Risalitgiebel nach.
Planungsparameter
Ziel war, eine schwebende „Glashaut“ über das Gebäude zu ziehen, die optisch möglichst wenig durch Konstruktionselemente unterbrochen werden sollte. Der angestrebten Leichtigkeit des Tragwerks stehen jedoch vielfache Belastungen gegenüber:
Am exponierten Standort sind erhebliche Lasten aus Schnee und Wind abzutragen, unter den flügelartigen Auskragungen des Daches werden Soglasten erzeugt. Mögliche Schneesackbildungen in den Kelchen sind zu berücksichtigen. Zudem muss das Glasdach zu Reinigungszwecken begehbar sein, was zusätzliche Sicherungseinrichtungen erfordert.
Die Entscheidung fiel auf ein Stahltragwerk mit oberseitig montierten, punktgelagerten Scheiben. Auf Grundlage aufwändiger Tragfähigkeits-versuche wurde die bauaufsichtliche Zustimmung im Einzelfall erwirkt.
Die Konstruktion des gläsernen Daches
Die Tragelemente der Glaseindeckung wurden als schlanke Flachstahlträger ausgebildet. Sorgfältige Stabilitätsuntersuchungen waren durchzuführen, um die kippgefährdeten Profile nachzuweisen. Glasscheiben und Verfugung wurden in Versuchen auf die Verformungen der Tragkonstruktion unter Lasten und Temperatur-veränderungen abgestimmt.
Die Dachlasten werden über die Außenwände und im Gebäudeinneren über „Fischbauchträger“ abgetragen. Um das Erscheinungsbild der Tragkonstruktion zu strukturieren und die Achsen der Mittelrisalite zu betonen, wurden sie als Vollwandträger ausgeführt.
Die Entwässerung des Daches erfolgt über die Tiefpunkte der Kelche. In den vier Zentralstützen unter den Kelchen sind jeweils zwei Entwässerungsrohre angeordnet. Ein Rohr dient als Notüberlauf im Falle einer Verstopfung des Einlaufes. Einläufe und „Kehlrinnen“ auf dem Dach können beheizt werden, um auch in kritischen Temperaturbereichen oder bei Schneeansammlungen ein einwandfreies Ablaufen des Wassers sicher zu stellen.
Das bauphysikalische Verhalten des Gebäudes unter der großen Glasfläche wurde durch Klimasimulationsberechnungen ermittelt. Die Verwendung speziell beschichteter Glasscheiben gewährleistet ein behagliches Raumklima im Gebäude auch bei intensiver Sonneneinstrahlung. Unterstützt wird die Klimatisierung durch ausstellbare Lamellenverglasungen im vertikalen Lichtband, die eine natürliche Querbelüftung unterhalb der Glasebene ermöglichen. Die Stahlrippen durchdringen das Lichtband ohne thermische Trennung. Zur Vermeidung von Kondenswasseranfall ist auf der Mauerkrone ca. einen Meter unterhalb der Durchdringungspunkte ein Heizungsrohr geführt.
Montage des Daches
Nach intensiver Vorplanung wurde im Sommer 2003 mit dem Bau des Daches begonnen. Einzelne Bauelemente wurden am Boden vormontiert und durch einen Autokran in Position gehoben.
Nach Montage der Stahlkonstruktion wurde mit einem Drahtnetz in Glasebene und Bohrungsachsen die Lage der Glashalter eingemessen und kontrolliert. Trotz großer Sorgfalt bei Herstellung, Montage und Ausrichtung der Konstruktion wurden örtlich Unterfütterungen der Glashalterungen erforderlich, um die Ebenheit der Scheiben und der Gesamtflächen zu gewährleisten.
Anschließend wurden die für jede Position individuell angefertigten Glasscheiben montiert und 2004 schließlich die Verfugung durchgeführt.
Ausblick
Weitere geplante Bauabschnitte sehen den Ausbau der Ruine vor. Nach Austrocknung der jahrzehntelang bewitterten Mauern und Sandsteinelemente werden diese saniert und instandgesetzt. Durch Einbau von Fenstern und Türen wird eine dichte Gebäudehülle geschaffen. An der Innenseite der talseitigen Wand wird eine öffentlich zugängliche Aussichtsplattform entstehen, die den weiten Blick über Baumkronen hinweg freigibt.
So wurde mit einer kühnen Ingenieurkonstruktion der erste Schritt zur Erhaltung eines Denkmals getan, und zugleich eine einzigartige Landschaft ihren Bewohnern wieder näher gebracht.
Bildrechte: Erik Ahrens
Mittwoch, 2. Februar 2005
Posthum: Interview mit Prof. Walter Haas
Im Jahre 2001 habe ich mit Professor Dr.-Ing. Walter Haas, meinem Lehrer für Baugeschichte an der Technischen Universität Darmstadt, ein Interview geführt und auf meiner damaligen Website www.denkmal-dialog.de veröffentlicht.
Anlässlich seines Todes am 16. Januar 2005 möchte ich das Gespräch hier noch einmal wiedergeben.
dd: Wenn Sie den typischen Berufsweg des Architekten betrachten, fühlen Sie sich dann eher als Architekt oder als Bauhistoriker?
Haas: Ich sehe darin im Grunde keinen Gegensatz. Und zwar deshalb, weil der Bauforscher nur Bauforscher sein kann, wenn er Architekt ist. Andererseits, wenn Sie das Architektsein mit dem Bauen, dem Entwerfen und Ausführen von Bauten gleichsetzen, dann gilt, was ich immer behaupte: Ich habe Architektur studiert, um kein Architekt zu werden.
dd: Sie haben also schon mit dem festen Vorsatz studiert, nicht zu bauen?
Haas: Der Anlaß, Architektur zu studieren war das Interesse an historischer Architektur, und dabei eben nicht mit der Frage, "Was mache ich daraus?", sondern mit der Frage: "Warum ist das so?" Und das ist der entscheidende Unterschied zwischen dem bauenden Architekten, den es immer in den Fingern kribbelt, und mir, der ich immer von dem ausgehe, was ich vorfinde und dazu die Frage stelle, "Wie ist das eigentlich zustande gekommen?" Allerdings ist die baugeschichtliche Betrachtungsweise im Gegensatz zur kunstgeschichtlichen die mit den Augen und der Denkweise des Architekten. Und die ist wieder anders als die des Kunsthistorikers, der in der Regel zuerst Form und manchmal auch Struktur, aber in aller Regel eben nicht Konstruktion sieht und sich weniger für Dispositionen interessiert.
dd: Ist für Sie Bauforschung also zu allererst Gefügeforschung bzw. der Versuch, bauliche Struktur zu verstehen?
Haas: Es sind eine ganze Reihe von Fragen, die man sich stellt. Die erste ist: "Wie ist der Bau zustande gekommen? Was sind die Voraussetzungen, daß ein solcher Bau überhaupt entsteht?" Dann die Frage: "Wie ist der Bauverlauf, also der reine Arbeitsvorgang?" Darüber kommt man natürlich auf den Entwurfsvorgang: "Welche Vorgaben hatte der Architekt, was brachte er selbst an Erfahrungen mit?" In der bloßen Frage: "Wie ist ein Bau zustande gekommen?" steckt schon wieder ein ganzer Fächer von Einzelfragen. Das zweite ist: "Wofür ist der Bau errichtet worden?" Das ist die Frage nach dem Bauprogramm, und daran schließt sich eng die Frage nach der Benutzung eines Baus an. Das sind alles Betrachtungsweisen, die dazugehören; das Baugefüge ist ein Element davon.
dd: Man hat also eine Aufgabe, und aus dieser kristallisieren sich Fragestellungen heraus?
Haas: So ist es mir häufig ergangen. Wenn man natürlich so etwas schon einmal gemacht hat, geht man an den nächsten Bau mit älteren Fragestellungen und Erfahrungen heran, plötzlich fällt einem an einem anderen Bau etwas auf, das eine Frage beantwortet, die früher offen geblieben war.
dd: Kunsthistoriker und andere, die an einem solchen Vorhaben beteiligt sind, haben natürlich ganz andere Fragestellungen an den Bau. Wie verständigt man sich da?
Haas: Hans-Erich Kubach, der Kunsthistoriker, mit dem ich bei der Bauaufnahme des Speyerer Doms zusammenarbeitete, war außerordentlich kooperativ, und überhaupt nicht daran interessiert, irgend etwas an sich zu ziehen, obwohl ihn das, was ich da getrieben habe, heftig interessiert hat. Kubach hat mir große Teile der Ausarbeitung überlassen, weil sich das eben ergeben hat. Jeder von uns hat stets das Seine zur Zusammenarbeit beigetragen: Wenn beispielsweise einer mit einer These zur Klärung eines Befundes kam, hat der andere automatisch alle Gegenargumente zusammengekratzt, und man hat darüber so lange geredet, bis man einigermaßen sicher war, daß jetzt alle möglichen Fehlerquellen ausgeschaltet waren. Das funktionierte ausgezeichnet.
dd: Wie funktionierte die Zusammenarbeit mit Handwerkern?
Haas: Diese Frage betrifft jetzt die praktische Denkmalpflege. Hierzu wieder zwei Beispiele:Eine Turmkapelle in einem Dom, der restauriert wurde. Der Putz war an vielen Stellen offensichtlich locker und teilweise auch schon abgefallen. Ich sagte, was locker ist, kommt weg, aber im übrigen lassen wir den Putz da und ergänzen ihn. Als ich einige Tage später wieder hinkam, mußte ich feststellen, daß man die Probe, was locker und was noch fest war, mit dem Preßlufthammer gemacht hatte. Da war also ein - meinem Eindruck nach - einsichtiger und gut ausgebildeter Polier, der überhaupt nicht kapiert hatte, worauf es ankommt. In einem anderen Fall wurde ich in eine Kirche gerufen, wo der Fußboden erneuert werden sollte, wobei Mauerreste unter dem Fußboden zum Vorschein kamen. Ich bat darum, mir jemand zum Bandmaßhalten abzuordnen. Der Polier gab mir einen Jugoslawen, der erst seit zwei Tagen auf der Baustelle war und kein Deutsch sprach. Ich habe ihm mit Gesten klargemacht, um was es mir ging. Dann bin ich weggegangen, um zu Mittag zu essen. Es dauerte länger als die halbe Stunde der Mittagspause auf der Baustelle, und als ich wiederkam, hatte der Jugoslawe sämtliche Mauerflächen in ausgezeichneter Weise mit dem Besen herauspräpariert. Das war der Fall eines "unbrauchbaren" Hilfsarbeiters, der sich beim näheren Zusehen als überaus verständig erwiesen hat. Die Zusammenarbeit ist also nicht vom Ausbildungsstand derer abhängig, mit denen man zu tun hat.
dd: Haben Sie selbst Gebäude auch einmal auf ihr Potential hin untersuchen, also sich der Frage einer Umnutzung stellen müssen?
Haas: Ja, solche Fragestellungen hat es gegeben. Wir haben aber nur wenige Untersuchungen gemacht, die dann jeweils ein wissenschaftlicher Mitarbeiter an der TH Darmstadt federführend übernommen hat. Ich denke zum Beispiel an das romanische Haus in Seligenstadt, ein Wohnhaus, von dem man nicht allzu viel wußte. Es hat sich im Laufe der Untersuchungen als ein in fast allen Einzelheiten erkennbarer romanischer Bauteil einer mehrteiligen Anlage herausgeschält. Da stellte sich die Frage, was man mit diesem Gebäude machen kann, das durch seine günstige Lage im Gesamtkomplex des Rathauses von Seligenstadt nun auch vom Rathaus mitgenutzt wird. Ich bin jetzt längere Zeit nicht mehr dagewesen und kann nicht sagen, wie sich das bewährt hat.
dd: Das sind natürlich die Punkte, wo man als Denkmalpfleger mit Nutzungsansprüchen des Bauherren einerseits und mit Ideen und Vorstellungen des Architekten andererseits konfrontiert wird...
Haas: Da sind wir an dem Unterschied der Denk- und Vorgehensweise des Architekten und des Denkmalpflegers. Der Architekt fragt in solchen Fällen: "Was will ich?" und der Denkmalpfleger fragt: "Was will der Bau?"
dd: Ist das tatsächlich die Frage, die der Architekt stellt oder stellen darf: Was will ich?
Haas: Ich habe öfter erlebt, daß Architekten mit fertigen Vorstellungen an die Dinge herangegangen sind und dann durch Befunde nur schwer davon abzubringen waren. Ich erinnere mich aber an einige Fälle, wo man dann über solche Dinge diskutiert hat und es durchaus möglich war, daß der Architekt mehr auf das Gebäude eingegangen ist als er ursprünglich vorhatte. Übrigens gab es auch bei Ingenieuren solche "Fälle", wo zunächst einmal schon alles klar und entschieden schien, und bei näherem Zusehen und Durchdenken und Durchsprechen der Anforderungen doch noch Wege gefunden wurden, mehr von der Bausubstanz zu erhalten, als es zunächst möglich schien.
dd: Haben Sie das Gefühl, daß man, wenn man aus der Uni herauskommt, für viele Aufgaben, die sich heute beim Bauen im Bestand stellen, überhaupt gewappnet ist?
Haas: Mir fällt ein Kollege ein, ein arbeitsloser Architekt, der als ABM-Kraft an die bayerische Denkmalpflege geschickt wurde. Ich hörte, es sei das hölzerne Dachwerk eines Kirchturms freigelegt, es sei eingerüstet und zugänglich. Ich kannte den Mann nicht, ich wußte nur, der ist neu und wohnt in der Nähe. Ich habe ihn also hingeschickt und gebeten, er möge so viel wie möglich von diesem Dachstuhl aufnehmen. Tags darauf kam er und erzählte, das sei eine merkwürdige Konstruktion. Es gebe da Hölzer, die so, und andere, die ganz anders verbunden seien. Dann erklärte er mir, ohne das Phänomen und die Fachausdrücke dafür zu kennen, den Unterschied zwischen Zapfen- und Blattverbindungen. Er hatte auch gesehen, daß in die Balken irgendwelche Kerben eingeschnitten waren. Er hat registriert, wo sie waren, und wie sie aussahen. Kurzum, er hat, ohne die geringste Ahnung zu haben, was er eigentlich tut, eine komplette Bauuntersuchung dieses Turmhelms vorgelegt. Der Kollege hat während seines ganzen Architekturstudiums nichts über historische Holzkonstruktionen erfahren, aber er hatte Augen im Kopf und die Fähigkeit, Spuren von Arbeitsvorgängen zu lesen. Er hat übrigens bald eine Dauerstelle bei der Denkmalpflege bekommen.
dd: Was muß Ihrer Meinung nach ein Architekt über bauhistorische Inhalte und Methoden wissen, um fachgerecht mit der Substanz umgehen zu können? Was kann er sich an Wissen und Kompetenz sozusagen zukaufen?
Haas: Da kommen wir an einen schwierigen Punkt. Das ist nämlich die Qualifikation, die man sich erwerben kann. Die Ausbildung zum Denkmalpfleger findet nicht im Hörsaal statt, sondern am Denkmal. Das Hören auf das Denkmal, das Hinschauen und das Mitdenken muß man am Objekt lernen. Und wenn man das an einem Objekt gelernt hat, dann kann man es am nächsten weiterentwickeln und vertiefen und kann auch schon mit einem gewissen Vorsprung an Erkenntnis drangehen. Die Tätigkeit im Hörsaal - und ich spreche auch von meiner eigenen - ist allenfalls eine Ergänzung und ein Neugierigmachen. Wenn man einen Zuhörer dazu bringt, bei nächster Gelegenheit eine Frage zu stellen, die er sonst nicht gestellt hätte, dann ist das etwas, was man als Lehrerfolg erhoffen kann.
dd: Was bringen dann eigentlich Aufbaustudiengänge, die sich auf die Fahnen heften, in zwei Semestern eine Qualifikation zu liefern, die man Bauherren oder Einrichtungen wie den Landesdenkmalämtern vorlegen kann?
Haas: Alles hängt daran, wieviel man mit den Objekten selbst zu tun bekommt. Ein Zertifikat sagt im Grunde das nicht, was es sagen sollte, nämlich daß der damit Behaftete tatsächlich wesentlich tiefere Kenntnisse hat als ein anderer. Nur wenn jemand einige Jahre lang praktisch tätig war, angeleitet wurde, experimentieren konnte und die mehr oder weniger alltäglichen Arbeiten getan hat, kann man von einer Qualifikation sprechen, die zu selbständiger Tätigkeit befähigt.
dd: Die Landesämter sind andererseits gar nicht befugt, Empfehlungen auszusprechen. Selbst wenn sie einen wirklich qualifizierten Architekten kennen, können sie diesen nicht mit einem hilfesuchenden Bauherrn zusammenbringen.
Haas: Da gibt es ganz erhebliche Schwierigkeiten. Selbstverständlich wird man - muß man - die richtigen Leute an die richtige Stelle bringen. Die Vorschrift, daß man da keine Empfehlungen geben darf, hat ihre Berechtigung, weil die Gefahr, daß man Vetternwirtschaft betreibt, durchaus gegeben ist. Trotzdem ist es schließlich das Ziel, daß die Arbeiten richtig gemacht werden. Also sollte man die Vorschriften darauf ansehen, ob sie für die Sache geeignet sind. Das sind sie in vielen Einzelfällen eben nicht, und dann muß man sehen, wie man an diesen Vorschriften vorbeikommt. Hierzu kann es Wege geben, die gar nicht illegal sind. Das hat auch etwas mit Mut zu tun.
Lebenslauf
Walter Haas, geboren 1928 in Nürnberg
Abitur 1947
Architekturstudium an der TU Stuttgart
1955 Diplom, 1958 Regierungsbaumeister in Stuttgart
1958-61 Bauaufnahme am Dom in Speyer für das Landesamt für Denkmalpflege Rhld.-Pfalz
Promotion zum Dr.-Ing. an der Universität Braunschweig
1961-78 am Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege als Bauforschungsreferent
1978-95 Professor für Baugeschichte an der TH Darmstadt. Emeritierung 1995
Seit 1997 Honorarprofessor für Baugeschichte und Denkmalpflege an der Universität München
Verstorben im Januar 2005
Sonntag, 27. Juli 2003
Werkbericht Dipl. Ing. Franz Josef Hamm
Vor der langen Baugeschichte der von ihm bearbeiteten Objekte mag das bisher 36jährige Werk eines Architekten auf den ersten Blick unbedeutend erscheinen. Allerdings fällt Franz Josef Hamms Wirken auf den Beginn einer Epoche, in der man sich in Deutschland allmählich (und vielerorts zu spät) wieder auf den Wert und das Potential historischer Gebäude und Stadtstrukturen besann.
Altes Rathaus Dausenau (Lahn): Sanierung und Teilrekonstruktion (1978-1985)
Der Sanierung ging ein genaues Aufmaß voraus, aus dem die ursprüngliche Gestalt des Gebäudes mit steilerem Dach rekonstruiert werden konnte; eine verlorene Außenerschließung entnahm man einer zufällig wiederaufgefundenen Zeichnung. Aus dem schlechten konstruktiven Zustand des Daches heraus wurde die Entscheidung getroffen, dieses unter Wiederherstellung der ursprünglichen Neigung neu aufzuzimmern und das noch brauchbare Eichenholz zur Reparatur der Fassaden zu verwenden. Die Decken wurden, um den neuen statischen Anforderungen zu genügen, teilweise in Leimholz neu erstellt. Das zentrale Element des Tragwerks, eine durch alle Geschosse durchlaufende hölzerne Mittelsäule, wurde jedoch unverändert beibehalten.
Leitidee war die Rückführung des Gebäudes auf seinen konstruktiven Ursprungszustand. Viele Stütz- und Hilfskonstruktionen, die im Laufe von Jahrhunderten zerstörte Tragglieder unterstützen sollten, wurden entfernt, und statt dessen die Primärkonstruktion so weit ertüchtigt oder erneuert, daß sie dem Bau erneut die nötige Standsicherheit verleiht. So wurde das Wesen des Objektes wieder sichtbar gemacht. Die statisch und räumlich notwendigen Eingriffe (Decken, Spindeltreppe und hochwassersichere Stahlbetonwanne) sind dabei leicht ablesbar in modernen Baustoffen und Techniken, jedoch - wo möglich - mit handwerklichen Mitteln ausgeführt.
Weniger deutlich wird die Unterscheidung zwischen vorgefundenen und rekonstruierten Bauteilen bei den Elementen, die das Gebäude in seinem Umfeld verankern, namentlich der rekonstruierten Außentreppe zum Wehrgang und dem sich anschließenden neu aufgeführten Stadtmauer-Teilstück. Hier wurde auf eine Artikulation in zeitgemäßen Formen und Materialien zugunsten eines homogenen städtebaulichen Gesamterscheinungsbildes verzichtet. Hamm begründet die Rekonstruktion einerseits aus der Nutzung der Ergänzungen als Fluchtwege und andererseits als eine Wiederherstellung eines modellhaften Ausschnittes aus der Orts- und Baugeschichte.
Flörsheimer Warte: Schöpferische Rekonstruktion (1996)
Eine vollständige Rekonstruktion stellt der Bau der Flörsheimer Warte bei Wicker dar. Der Aussichtsturm war ursprünglich einer von vier rechtsrheinischen Wachtürmen der Mainzer Fürstbischöfe an der Mainmündung. Die Lage des Vorgängerbaus war zwar durch ergrabene Fundamente bekannt; der Turm selbst war jedoch bereits im 19. Jahrhundert auf Abbruch verkauft und als Steinbruch benutzt worden. Man entschied sich also, die originalen Fundamentstrukturen unangetastet zu lassen und einen kompletten Neubau in unmittelbarer Nähe aufzuführen.
Die Warte präsentiert sich Wanderern und Radfahrern auf dem Regionalparkweg Rhein-Main heute als trutziger Turm in Bruchsteinmauerwerk über betoniertem Keller und Fundamenten. Das Obergeschoß ist, anders als beim namensgebenden Bau, den man aus zeitgenössischen Stichen kennt, großzügig durchfenstert. Den Abschluß bildet ein kegelförmiger, in Titanzink gedeckter Helm.
Ziel war bei diesem Bau die Wiedergewinnung des historischen Ortes, sowohl als Veranschaulichung eines Grenzverlaufes, als auch als weithin sichtbare Landmarke in den Weinbergen um Wicker. Demzufolge ist die Fernwirkung wuchtig, fast archaisch, und nichts deutet aus der Ferne darauf hin, daß man einem Gebäude des ausgehenden 20. Jahrhunderts gegenüber steht.In den Details ist das Gebäude jedoch unverkennbar modern: Fenster- und Türgewände bestehen, ebenso wie das abschließende Kranzgesims mit den Wasserspeiern, aus industriell präzise gearbeiteten Betonfertigteilen.
Die Metallarbeiten an Treppengeländern, ein Türgitter und ein vorgelagerter 'hessischer' Löwe entstanden in Zusammenarbeit mit Barbara und Gernot Rumpf aus Neustadt/Weinstraße und bringen ein teilweise humoristisches Element in das Gebäude. Zahlreiche im und um das Gebäude aufgestellte Schautafeln erläutern die Geschichte des Ortes und verweisen auf den Neubau-Charakter des Turmes. Leider werden die originalen Fundamente dabei leicht übersehen. Bei einem Besuch konnte uns niemand den Weg dorthin weisen. So selbstverständlich markiert der neue Turm den Ort und schreibt seine eigene Geschichte, daß wohl die wenigsten Gäste der als Ausflugslokal genutzten Warte sich die Frage nach alt oder neu ernsthaft stellen.
Kapelle des Marienhofs in Limburg/Lahn: Restaurierung (1983-85)
Beim Umbau des ehemaligen Pferdestalls eines früheren Bauernhofes zum Novizenhaus der Pallottinerinnen konnte dagegen auf eine weitgehend intakte bauzeitliche Substanz zurückgegriffen werden. Durch Entfernung störender Bauteile aus den 50er Jahren und behutsame Ergänzung vorhandener Elemente (z.B. der Vordächer) konnte das Gebäude nahezu im Originalzustand wiederhergestellt werden. Größere Probleme ergaben sich aus der früheren Nutzung: Nach der Stallfunktion war das Mauerwerk durch die Toilettenanlage einer Gastwirtschaft weiter mit Nitraten belastet worden.Die Klinkerwände wurden frei vor die gereinigten Wände gestellt. Durch offene Stoßfugen im Sockel und Kopfbereich sind die Wände hinterlüftet. Auf die übrigen Flächen wurde nach der Entfernung belasteter Putze ein neuer Putz aufgetragen, dem ein Porenbildner zugesetzt war.
Von außen ist die neue Funktion durch die künstlerisch gestalteten bleiverglasten Fenster und die vor die ehemalige Stalltür gesetzte Betonscheibe mit kreuzförmiger Lichtöffnung leicht ablesbar. Letztere bildet einen kleinen Chorraum.
Im Inneren ist ein Raum von großer Schlichtheit entstanden, der meditative Ruhe ausstrahlt. Sparsame, einfühlsam gesetzte Akzente wie die Tabernakel-Nische und das Chorfenster wirken als Fixpunkte. Ausgewählte Materialien (quadratische Ton-Bodenfliesen und gelbe Klinkerwände mit Betonstürzen) sorgen für Klarheit; die geputzte Kappendecke moduliert das Licht weich.
Auch hier sorgt die Zusammenarbeit mit der Künstlerin Christine Stadler aus München dafür, daß qualitätvolle Bauplastik die Strenge mildert. So hat Hamm aus einem Zweckbau mit wenigen Eingriffen ein verstecktes Kleinod geformt, das seine profane Herkunft gleichwohl nicht verleugnet.'Aller Glanz ist innerlich', zitiert Hamm den Heiligen Augustinus, um den Grundgedanken dieser Maßnahme zu erläutern, bei der die städtebauliche Situation der dörflichen Brückenvorstadt wiederhergestellt und im Innern ein neuer Ruhepunkt geschaffen wurde.
Fischmarkt 8/9 in Limburg/Lahn: Umbau und Restaurierung (1989-91)
Eher eine Rettungsmaßnahme als eine Sanierung stellt Hamms Arbeit am Fischmarkt in Limburg dar. In die Substanz des ursprünglich allein zu bearbeitenden Gebäudes Nr. 8 war während mehrer Jahrhunderte Aus- und Umbautätigkeit in einer Weise eingegriffen worden, daß akute Einsturzgefahr bestand. Die ältesten Bauteile von 1343 mit den inneren Tragstrukturen waren ursprünglich ohne eigene Giebelwände zwischen zwei bestehende Häuser gehängt worden. Diese Bauteile waren nicht sanierungsfähig. Gut erhalten und daher wiederverwendbar waren hingegen die Traufwände der Aufstockung von 1518 und die nach Abbruch des südlichen Nachbargebäudes 1613 ergänzte Giebelwand.
Da eine Wiederherstellung der originalen Tragstrukturen weder architektonisch, noch städtebaulich möglich war, konnte eine Sicherung nur gelingen, wenn das Gebäude mit seinem konstruktiv untrennbar verbundenen Nachbarhaus als Einheit behandelt würde.Die Voraussetzung hierfür wurde durch eine Änderung der Eigentumsverhältnisse geschaffen. Nun konnte durch den Einbau eines Beton-Treppenhauses, das beide Gebäude erschließt, ein konstruktives Rückgrat hergestellt werden. Dieses bildet den tragenden Kern des Hauses Nr. 8 und verankert das Nachbarhaus, das sich, von großen Auskragungen bei minimaler Standfläche gezogen, bereits bedrohlich zur Seite geneigt hatte.
Als geeignete Konstruktion zur Wiederherstellung der unteren Geschosse kam aufgrund der geringen Grundfläche des Gebäudes allein ein Stahlskelett in Frage. Die dem Fachwerk nachempfundene Fassade aus verzinkten IPB-Profilen, die zunächst wie ein Akt schöpferischer Denkmalpflege erscheint, ist also das Ergebnis eines funktional orientierten Entwurfsprozesses. Gestalterisch wird die Maßstäblichkeit des hölzernen Fachwerkes reflektiert, die Details entsprechen jedoch konsequent den Fügungsprinzipien des Stahls. Daß die Lösung bauphysikalisch nicht optimal ist, wurde um der Grundrißökonomie willen in Kauf genommen. Das Haus Nr. 9 war, da es erst kurz zuvor saniert worden war, konstruktiv in gutem Zustand. Durch eine Verankerung mit Stahltrassen, die bei Bedarf durch Spannschlösser im Wandzwischenraum zwischen den beiden Häusern nachjustiert werden können, wurde es in seiner momentanen Neigung gegen seinen Nachbarn fixiert. So stehen die beiden Häuser in einer Symbiose wie siamesische Zwillinge, von denen keiner ohne den anderen sein kann - auch wenn dies dem Betrachter verborgen bleibt.
Die am Fischmarkt 8/9 angewandte Verbindung von maßstäblicher Rekonstruktion mit neuen Mitteln und ingenieurmäßigem Vorgehen (Statik: Helmut Ebenritter) bezeichnete Horst Thomas in seinem 1998 erschienenen Buch 'Denkmalpflege für Architekten' als beispielhaft.
Roßmarkt 15 in Limburg/Lahn: Umbau und Erweiterung (1998-2001)
Das Haus besitzt einen Keller, der auf einen Vorgängerbau zurückgeht. Um diesen in das Gebäude einzubinden und zugleich die zweigeschossige Wohnhalle wieder zum Mittelpunkt des Wohnbereiches zu machen, wurde dem Eingang ein containerartiger Erschließungsbau vorgestellt. Dieser dient als Windfang und nimmt eine Gästetoilette und eine Garderobe auf. Mit seiner flächigen Holzverschalung hebt er sich deutlich von der Skelettkonstruktion des Hauptgebäudes ab. Ein direkt angrenzender neuer Wintergarten mit der Treppe in den Keller ist als Aluminiumkonstruktion erstellt, die sich als moderne Interpretation der schlanken Holzprofile des Fachwerkbaus versteht. Alle Zubauten sind deutlich als modern erkennbar und einfach rückbaubar.
Die Eingriffe in die historische Fassade beschränken sich auf den Rückbau von späteren Veränderungen. Die zu einer ursprünglichen Außenerschließung über eine Galerie gehörenden Türen wurden freigelegt und dienen als zweiter Rettungsweg im Brandfall. Die Raumaufteilung bezieht sich stark auf die ursprüngliche Grundrißgliederung. Daß dabei eher viele als große Räume entstehen, versteht sich, ist aber bei einer vielköpfigen Familie vielleicht nicht von Nachteil. Die direkt in die Wohnküche übergehende Halle, in die sich das erste Wohngeschoß als Galerie einschiebt, vermittelt mit der mächtigen Zentralsäule jedenfalls noch viel vom Gefühl eines Lebensmittelpunktes.
Alle Arbeiten am Bestand wurden - abgesehen von notwendigen Sicherungen - mit traditionellen Handwerkstechniken und Materialien ausgeführt: Ausfachungen aus Ziegeln, Innenwände und Putze aus Lehm, Böden aus alten, wiederverwendeten Eichendielen, Kölner Decken mit Lehmstrich. All dies sorgt nicht nur für ein gesundes Raumklima, sondern auch für eine authentische Raumwirkung. Die zurückhaltend grau-weiße Farbfassung der Fassade ist dagegen fiktiv, denn es gab keinerlei Farbbefunde. An dieser Stelle wären Hölzer in dem für Limburg typischen Rot aber vor den über dem Gebäude emporragenden Schloßmauern wohl zu auffällig gewesen.
Im Gebäude Roßmarkt 15 mag man vielleicht die Essenz der Hamm´schen Tätigkeit in Limburg sehen: Einfühlsamer Umgang mit historischer Substanz, selbstbewußte Hinzufügung von Neuem, getragen von einer funktionalen Entwurfshaltung und einem Bekenntnis zur Reversibilität der Eingriffe durch den Architekten.
an, cp
Lebenslauf in Kürze
1952-55 Lehre als Baukaufmann
1957-60 Architekturstudium Staatsbauschule Idstein/Ts.
1960-65 Mitarbeit in zwei Büros in Limburg und Wiesbaden
Seit 1965 als freischaffender Architekt (BDA und dwb) und Gutachter tätig
Auszeichnungen
1970 Rompreis der Villa Massimo
seit 1976 zahlreiche Prämierungen durch den Hessischen Heimatbund sowie durch verschiedene Städte, Kommunen und Landkreise
1982 Staatspreis für Architektur und Städtebau Rheinland-Pfalz (Anerkennung)
Seine Arbeitsschwerpunkte im Bereich der Denkmalpflege und Gebäudeerhaltung bilden die Grundlage für Lehrtätigkeiten (z.B. am Zentrum für Handwerk und Denkmalpflege in Fulda) und Veröffentlichungen.